Seit dem 1. Juli 2024 gibt es in Griechenland eine neue Regelung, die für Diskussionen sorgt: Arbeitgeber können ihren Mitarbeitern nun eine Sechs-Tage-Woche anbieten. Für den sechsten Arbeitstag gibt es dabei einen ordentlichen Gehaltszuschlag von 40 %. Wer sonntags oder an Feiertagen arbeitet, kann sogar mit 115 % extra rechnen. Diese Änderung soll nicht nur die Produktivität steigern, sondern auch den Fachkräftemangel im Land bekämpfen.
Warum Griechenland die Arbeitswoche verlängert
Griechenland gehört bereits zu den EU-Ländern, in denen die Menschen besonders viele Stunden pro Woche arbeiten. Mit der neuen Sechs-Tage-Woche könnten es bald noch mehr werden. Dieser Schritt steht im Zusammenhang mit dem Arbeitskräftemangel, der vor allem durch die Finanzkrise von 2010 bis 2018 verschärft wurde. Damals wanderten viele gut ausgebildete junge Griechen ins Ausland ab, was bis heute für Engpässe auf dem Arbeitsmarkt sorgt. Trotz einer Arbeitslosenquote von rund 11 % fehlen besonders in der Landwirtschaft, im Tourismus und in der Industrie dringend Arbeitskräfte. Um das zu kompensieren, hat die Regierung unter Ministerpräsident Kyriakos Mitsotakis auch damit begonnen, Saisonarbeiter aus Ländern wie Ägypten und Indien anzuwerben. Diese Strategie wird durch die Sechs-Tage-Woche ergänzt, die in Branchen wie der Industrie und öffentlichen Einrichtungen Anwendung findet, die rund um die Uhr arbeiten müssen.
Proteste und Argumente: Was sagen die Gewerkschaften?
Die neuen Zuschläge für den sechsten Arbeitstag klingen erstmal verlockend, aber nicht jeder ist begeistert. Gewerkschaften bezeichnen das neue Gesetz als Ausbeutung und befürchten, dass die Belastung für die Beschäftigten weiter steigen könnte. Auf der anderen Seite argumentiert der griechische Arbeitsminister, dass die Regelung Schwarzarbeit eindämmen und für mehr Fairness sorgen soll, indem sie offiziell bezahlte Überstunden ermöglicht.
Was bedeutet die Sechs-Tage-Woche für Griechenlands Wirtschaft?
Der Fachkräftemangel trifft in Griechenland nicht nur die Industrie, sondern auch Landwirtschaft und Tourismus. Die Regierung versucht, diese Lücken zu füllen, indem sie mehr Saisonarbeiter aus dem Ausland ins Land holt. Die Sechs-Tage-Woche könnte ein weiterer Versuch sein, die vorhandenen Arbeitskräfte besser zu nutzen und die Abhängigkeit von ausländischen Arbeitskräften zu reduzieren. Dennoch gibt es Bedenken, dass die Sechs-Tage-Woche Unternehmen davon abhalten könnte, in Modernisierung und Produktivitätssteigerung zu investieren, was langfristig negative Folgen haben könnte.
Wie sieht die Arbeitszeit in Europa aus?
Im Jahr 2023 lag die durchschnittliche Arbeitszeit in der Europäischen Union bei 36,1 Stunden pro Woche. Griechenland führte mit 39,8 Stunden die Liste an, gefolgt von Ländern wie Rumänien und Polen. In den Niederlanden und Deutschland hingegen arbeiten die Menschen deutlich weniger, was die unterschiedlichen Ansätze in Europa gut verdeutlicht.
Mehr Arbeit bedeutet nicht immer mehr Produktivität
Während die Sechs-Tage-Woche in Griechenland für mehr Arbeit sorgen soll, zeigen aktuelle Studien in Europa, dass mehr Arbeit nicht automatisch mehr Produktivität bedeutet. Die Diskussion um die Vier-Tage-Woche, die in Deutschland, aber auch in anderen europäischen Ländern, immer lauter wird, geht in eine ganz andere Richtung. In Belgien etwa ist die Vier-Tage-Woche bereits Realität, und in Deutschland läuft ein Modellversuch mit fast 50 Unternehmen, die testen, ob 100 % der Arbeit in 80 bis 90 % der Zeit erledigt werden können. Diese Entwicklung wird aufmerksam verfolgt, denn die Erfahrungen in Griechenland könnten auch anderen Ländern als Vorlage dienen.
Fazit: Mehr Arbeit für mehr Erfolg?
Die Einführung der Sechs-Tage-Woche in Griechenland ist ein mutiger Schritt, der für viele Überraschung sorgt. Während einige die Chance auf mehr Einkommen sehen, befürchten andere, dass die Work-Life-Balance darunter leidet. Diese Diskussion zeigt, dass es keine Einheitslösung gibt und jedes Land den besten Weg für sich finden muss. In Griechenland könnte die Sechs-Tage-Woche ein Weg sein, um die Wirtschaft anzukurbeln und den Fachkräftemangel zu mildern – aber nur die Zeit wird zeigen, ob das Modell tatsächlich aufgeht.